Dass die Verkaufszahlen von Vinyl stetig zulegen, ist wahrlich nichts Neues. Dennoch beeindrucken die Zahlen aus dem aktuellen Nielsen Music Report für das erste Halbjahr 2014. 40 Prozent mehr verkaufte Schallplatten im Vergleich zum Vorjahr. Während es CDs und digitalen Downloads zunehmend schlecht geht, entwickelt sich Streaming immer mehr zum bevorzugten Medium des heutigen Musikkonsumenten.
Vinyl und Streaming sind die einzigen beiden Medienformate, die im vergangenen Jahr stark zulegen konnten (um 40,4 bzw. 42 Prozent). Insbesondere in Bezug auf Vinyl ist diese Entwicklung beachtlich, denn das Album an sich verliert zunehmend an Bedeutung. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist der Verkauf von Alben um 14,9% eingebrochen. Bei den CDs beträgt der Einbruch sogar fast 20 Prozent. Knapp vier Millionen verkauften Schallplatten stehen 2014 bislang 62,9 Millionen verkaufte CDs gegenüber. Das ist immer noch ein gewaltiger Unterschied, doch um die Zahlen ein wenig einzuordnen, folgender Vergleich: Im Gesamtjahr 2010 wurden in den USA 236 Millionen CDs und nicht einmal drei Millionen LPs verkauft!
Auch digitale Downloads scheinen an Popularität zu verlieren. „Streaming is killing Downloads„, überschreibt TechCrunch passenderweise einen Artikel zu diesem Thema (Anm.: offensichtlich wurde der Titel mittlerweile ein wenig abgeschwächt). Die jüngst verkündete Übernahme von Beats durch Apple, die aufgrund der Kaufsumme von knapp 3 Milliarden US-Dollar für einiges Aufsehen sorgte, scheint immer mehr Sinn zu machen. Immerhin ist der Anteil von Audio-Streams durch Apps wie Spotify oder Deezer mittlerweile fast genau so groß wie jener der Videostreams auf YouTube oder Vevo (33,6 vs. 36,6 Milliarden).
Das Download-Modell von iTunes gehört zunehmend der Vergangenheit an. Immer weniger Menschen sind offensichtlich bereit, für ein Album in digitaler Form zu bezahlen, wenn sie für den selben Betrag in Form eines Monatsabos nahezu immer und überall jene Musik hören können, die sie möchten. Mit Beats Music verfügt Apple fortan über einen hauseigenen Streamingdienst, der in naher Zukunft in Konkurrenz zu Spotify und Co. treten soll.
Musikmarkt weiter im Wandel
Auch in Deutschland etabliert sich Streaming auf dem Massenmarkt. 18 Millionen Bürger nutzen Streamingdienste, das ist eine Verdreifachung der Nutzerzahl gegenüber 2013, so die Ergebnisse einer Umfrage des Branchenverbandes BITKOM. Vor allem bei jüngeren Internetnutzern ist Musik-Streaming beliebt. Fast jeder Zweite der 14- bis 29-jährigen (48 Prozent) nutzt es. Bemerkenswert ist die Regelmäßigkeit des Musikkonsums. Zwei Drittel der Streaming-Nutzer hören mehrmals die Woche Musik über Spotify und Co., rund die Hälfte sogar täglich.
Die Musikindustrie bleibt weiter im Wandel begriffen. „In 15 Jahren haben wir uns von CDs über Napster zu iTunes Downloads und Pandora Radio hin zu Musik auf YouTube oder Spotify entwickelt„, fasst TechCrunch zusammen. Momentan scheinen sich mit der Schallplatte und Streamingdiensten zwei vollkommen konträre Musikformen durchzusetzen. Fakt ist aber, dass die Musikindustrie ein Problem bekommt, wenn in Zukunft nur noch Schallplattenfans bereit sind für ein Album zu bezahlen. Trotz des immensen Wachstums trägt der Verkauf von Schallplatten nur einen minimalen Bruchteil zum Gesamtumsatz der Branche bei. Und die Streamingdienste spülen bislang „nur Minibeträge von Bruchteilen eines Cents je abgespieltem Song in die Kassen der Musikindustrie. Bis heute steht der Beweis aus, ob Musikdienste wie Spotify oder Pandora überhaupt jemals profitabel sein können.“ (Blog der Wirtschaftswoche) Wie der Umsatzeinbruch aufgrund weniger verkauften CDs und Downloads ausgeglichen werden soll, bleibt unklar. Neue Konzepte müssen her, ansonsten droht die selbst ernannte Musikrevolution ihre Kinder zu fressen.