Seit 2007 findet jeden dritten Samstag im April der Record Store Day statt. Nach einem beschaulichen Anfang hat sich dieser mittlerweile zu einem internationalen Event von stattlicher Größe entwickelt. Die Organisatoren schreiben sich daher nicht weniger als die Verantwortlichkeit für den anhaltenden Vinyl Boom auf die Fahnen. Doch insbesondere in diesem Jahr gab es massive Kritik an der Veranstaltung – vermehrt von kleinen Labels, die sich über die Auslastung und regelrechte Verstopfung der Presswerke durch die exklusiven RSD-Releases beschweren. Die Organisatoren des Record Store Days ficht das nicht an. Sie möchten das Ganze zu einem wöchentlichen Event ausbauen!
Nachdem vor wenigen Jahren bereits der Record Store Day Black Friday im November eingeführt worden ist, haben das Department of Record Stores und die RSD-Organisatoren beschlossen, einen wöchentlichen „Vinyl Tuesday“ einzuführen, an dem unabhängige Plattenläden exklusive Releases anbieten. Dabei wird es fünf verschiedene Arten von Releases geben:
- Katalogveröffentlichungen,
- kommerzielle und Promo-Releases,
- Vinyleditionen von Alben, die bislang lediglich auf CD oder digital erhältlich sind,
- Releases, die speziell für den unabhängigen Einzelhandel (indie retail community) hergestellt werden,
- Releases, die Künstler und Bands auf Vinyl veröffentlichen bevor das Album als CD oder digital erscheint.
In einer Pressemitteilung der American Association of Independent Music (A2IM) heißt es: „Vinyl Tuesday is an initiative set up by Independent retailers to celebrate vinyl releases. Every Tuesday, participating retailers will celebrate by highlighting special-edition, catalog, promotional, and new releases on vinyl. The goal is to maintain and grow physical retail while giving music fans more compelling reasons to support this important part of the music business community.”
Ein Datum für den Startschuss des Vinyl Tuesday wurde bislang nicht genannt. Jan Köpke, Koordinator des Record Store Days im deutschsprachigen Raum, zeigte sich gestern in einem ersten Statement überrascht von der Initiative. Auf Rückfrage bestätigte er jedoch dessen Existenz. Ob es eine US-Only-Initiative ist oder es auch die Plattenläden hierzulande berührt, steht allerdings noch nicht fest: „Wir diskutieren die Idee mit den involvierten Partnern im Inland wie auch im europäischen Ausland„, so Köpke.
Der Vinyl Hype frisst seine Kinder
Jeder Leser, der dieses Magazin regelmäßig verfolgt, kennt meine recht kritische Haltung zum Record Store Day. Oder sagen wir: zu dem, was aus den letzten Jahren aus dem Record Store Day geworden ist. Grundsätzlich ist jede Initiative zu begrüßen, die sich für Plattenläden stark macht. Ob eine Einrichtung wie der „Vinyl Tuesday“ jedoch das Richtige ist, wage ich zu bezweifeln.
Was genau soll ein solcher Tag für Vorteile bringen? Der Markt wird bereits jetzt jede Woche von exklusiven und limitierten Releases überschwemmt, so dass weder die Presswerke noch die Vinylfans hinterher kommen. Ich befürchte, dass die Plattenregale am Vinyl Tuesday mit lieblosen Reissues, die man ebenso gut auf dem Flohmarkt kaufen kann, B-Seiten und Remixes, die nicht ohne Grund bislang nicht auf Vinyl gepresst worden sind, oder überteuerten Super-Duper-Limited-Boxsets überschwemmt werden.
Auch hier werden die Indie Labels vermutlich wieder das Nachsehen haben. Der Vinyl Hype frisst seine Kinder. Die immer wieder proklamierte Exklusivität geht durch einen wöchentlichen „Vinylfeiertag“ komplett flöten, das Besondere verloren. Das Fact Mag fasst es passend zusammen: „It’s unclear how this will help physical sales, but it seems like exactly the type of “vinyl hype” that could be destroying the record.“