Gleich mal als Vorabwarnung: Dieser Artikel hat mit Vinyl absolut gar nichts zu tun. In der vergangenen Woche bin ich über einen Artikel gestolpert, in dem ein Twitternutzer davon berichtete, dass er ein „Damals als ich 16 war“-Mixtape zusammen stellen und auf seinem Blog vorstellen würde. In der Folge haben einige andere Blogger diese Idee übernommen und ein solches Mixtape auf ihrer Seite vorgestellt. Dem wollte ich nicht nachstehen und habe ein eigenes Mixtape erstellt.
Sowieso habe ich eine besondere Verbindung zum Medium Musikkassette. Noch vor CD und LP habe ich meine Alben auf Tape gekauft und gehört. Und das Erstellen von Mixtapes war mir immer eine besondere Freude, dem ich mit viel Akribie nachgekommen bin. Wer kennt nicht diesen Moment, wenn beim Erstellen die Kassette endet und man nur noch wenige Sekunden für den ganzen Song benötigt hätte.
Anbei findet ihr ein Mixtape von Songs, die mir mit 16 viel bedeutet haben. Es ist eine faszinierende Mischung aus Metal, Hardcore, Crossover und Alternative Rock-Songs, die damals auf MTV rauf und runter liefen. Denn wenn man einmal auf die damalige Zeit (also das Jahr 1995) zurück blickt, hat sich nicht nur der Musikkonsum geändert, sondern auch die Art und Weise, wie ich auf Bands und Alben aufmerksam geworden bin. Denn das Internet war damals noch etwas entfernt. Neben dem besagten Musikfernsehen (Viva2 war damals gerade gestartet) informierte meine Klassenkameraden und ich uns in erster Linie über Musikmagazine wie Metal Hammer oder Rock Hard. Das führte natürlich dazu, dass jeder von uns so ziemlich das selbe hörte. Wie sollte man damals auch neue Bands entdecken – außer man hörte sich im Kaufhof durch die komplette CD-Abteilung?Aber genug der Vorrede, anbei das Mixtape – samt Spotify-Playlist zum Nachhören 🙂
Seite A:
1. Biohazard – State Of The World Address (3:18)
An die CD kann ich mich heute noch erinnern, weil sie in einem orangefarbenem Jewelcase enthalten war. Ich musste mich damals auf dem Schulhof sogar dem ein oder anderen Tauschangebot von Jungs erwehren, die nur die „normale“ Version abbekommen hatten.
2. Pantera – I´m Broken (4:25)
Zwar schafften Pantera mit „Far Beyond Driven“ ihren Durchbruch, doch letztlich haben mir die Vorgänger „Vulgar Display of Power“ und vor allem „Cowboys From Hell“ weit mehr bedeutet. Neben der ersten Single „I´m Broken“ hat sich lediglich das Albumcover so richtig ins Gedächtnis geprägt: Ein Bohrer, der in einen Schädel getrieben wird. Meine Mutter war wenig begeistert. Wie so oft zu jener Zeit, wenn ich mit einer neuen CD nach Hause gekommen bin.
3. Sick Of It All – Maladjusted (2:24)
Damals definitiv der Song zu dem ich am häufigsten in meinem Zimmer direkt unter dem Dach umher gehüpft bin. Die Energie von „Scratch The Surface“ steckt mich noch heute jedes Mal an. Manchmal ist es faszinierend zu beobachten, wie wenig sich Bands über die Jahre verändern. Als ich mir im vergangenen Jahr das aktuelle Sick Of It All-Album „The Last Act of Defiance“ angehört habe, fühlte sich das fast so an wie damals mit 16 im Kinderzimmer.
4. NoFX – Kill All The White Men (2:48)
„Punk in Drublic“ war das erste Mal, das ich mit den Punkheroen in Berührung gekommen bin. Auf das rote NoFX-Shirt mit der kotzgrünen Bandaufschrift, das ich damals wie so viele andere bei EMP bestellt habe (ohne das ein Leben damals kaum möglich gewesen wäre), war ich ziemlich stolz. Es gab damals glaub ich auch kein Gerät auf dem Spielplatz unseres Schulzentrums, in das der Schriftzug der Band nicht eingeritzt gewesen wäre. Welch rebellische Dorfjugend!
5. Life Of Agony – Let´s Pretend (3:58)
Die Stimme von Keith Caputo ist so unverkennbar wie kaum eine andere. Irgendwie merkwürdig, dass diese Band nie wirklich den kommerziellen Durchbruch geschafft hat. Aber vielleicht auch ganz gut, denn so hat die Band nie ein wirklich schlechtes Album veröffentlicht. Die hat sich Keith Caputo für seine Solokarriere aufgespart.
6. Such A Surge – Schatten (5:44)
Crossover war damals der Trend überhaupt in der Rock- und Metalszene. Clawfinger, Dog Eat Dog, Body Count und natürlich der ein oder andere deutsche Vertreter. Such A Surge waren wohl die bekanntesten. 20 Jahre später kann ich damit – abgesehen von nostalgischen Beweggründen – nicht mehr allzu viel anfangen. „Schatten“ ist allerding nach wie vor ein toller Song!
7. Hole – Violet (3:24)
Ein Jahr nach dem Tod von Kurt Cobain waren Nirvana nicht mehr so wirklich präsent in meinem Kopf – was sich durchaus wieder ändern sollte. Auch wenn mir Courtney Love nie so wirklich sympathisch war, muss man einfach gestehen, dass sie mit „Live Through This“ ein verdammt gutes Album abgeliefert hat, das auch 20 Jahre später kaum etwas von seiner damaligen Anziehungskraft verloren hat.
8. Deftones – 7 Words (3:43)
Jahrelang der einzige Song von dieser Band, der mich interessiert hat. Liegt vermutlich am recht eingängigen und einfach zu merkenden Refrain. Mit „White Pony“, das es vermutlich in die Top 10 der von mir meistgehörten Alben schaffen würde, sind sie erst 5 Jahre später zu einer meiner Lieblingsbands aufgestiegen.
9. Korn – Blind (4:18)
Korn waren damals die größten Helden unter den metalaffinen Jungs unserer Jahrgangsstufe. „Blind“ war hier nur der Anfang. „Life Is Peachy“ steigerten diesen Status noch. Mit „Folllow The Leader“ war´s dann fast schon wieder vorbei. Noch so eine Band, welcher der Ruhm musikalisch nicht gut getan hat, um es einmal milde auszudrücken.
10. Type O Negative – Black No 1 (11:15)
Was eine grandiose Band mit einem stets etwas unheimlich wirkenden Sänger, der leider viel zu früh von uns gegangen ist. Meine erste E-Mail-Adresse lautete sogar bloodykisses@gmx.de, was ich damals einfach tierisch cool fand…
Seite 2:
1. Sepultura – Refuse/Resist (3:19)
Sepultura waren damals jahrelang eine meiner Lieblingsbands. Was habe ich mich damals geärgert, als Max Cavalera die Band verlassen hat. Auch wenn ich den ersten Soulfly-Alben durchaus etwas abgewinnen konnte. Eingeprägt hat sich eine Unterhaltung mit einer brasilianischen Austauschschülerin, die total beeindruckt davon war, dass man in Deutschland die Musik einer brasilianischen Band hörte. Als ich ihr die Kopfhörer aufsetzte, war es mit dieser Begeisterung allerdings schnell wieder vorbei…
2. Machine Head – Davidian (4:55)
„Let freedom ring with a shotgun blast“ – das T-Shirt mit der Songzeile habe ich lange mit Stolz durch die Gegend getragen. Das Debütalbum von Machine Head schlug damals ein wie eine Bombe! Ich ärgere mich noch immer, dass meine Cousins damals zum Dynamo Festival nach Eindhoven (was ist daraus eigentlich geworden?) gefahren sind, wo neben Machine Head unter anderem auch Biohazard, Fear Factory und Type O Negative aufgetreten sind. Was wären das heute wohl für Erinnerungen!?
3. Slayer – War Ensemble (4:53)
Ich mag Slayer. Wirklich! Aber manchmal werde ich das Gefühl nicht los, dass ich diese Band damals nur deshalb so laut gehört habe, um meine Eltern zu ärgern. Das Livealbum „Decades of Aggression“ war das erste, das ich mein Eigen nennen durfte. Ich erinnere mich noch genau an das breite 2CD-Jewelcase. Und an die verärgerten Blicke meiner Mutter im Türrahmen, wenn ich mal wieder ihre Rufe nicht gehört habe…
4. Bush – Everything Zen (4:38)
Wann genau ist Gavin Rossdale eigentlich vom Rockstar auf die Rolle des Ehemanns von Gwen Stefani reduziert worden. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Ehe seinem musikalischen Output nicht wirklich befördert hat. Dabei waren Bush mal eine richtig gute Band. Die ersten beiden Alben sind großes Kino und auch Album Nummer 3 hat einige tolle Songs zu bieten, u.a. das nach wie vor grandiose „Letting The Cables Sleep“.
5. Thumb – Red Alert (4:14)
Da wären wir wieder beim Thema Crossover. Kurz habe ich auch überlegt, ob ich an dieser Stelle noch „Move“ oder „Risin High“ von HBlockx einfüge, die damals so richtig erfolgreich waren – inkl. Auftritten bei MTV Awards und so. Wenn ich mir den Werdegang der Jungs um Henning Wehland so anschaue, bin ich ganz froh, dass sich Thumb rechtzeitig aufgelöst haben.
6. Green Day – When I Come Around (2:58)
Eines muss man MTV ja lassen: Es gibt Bands und Songs, die ich bis heute mit bestimmten Musikvideos verbinde. So auch bei „Basket Case“, in dem die drei Jungs im Warteraum einer Irrenanstalt an ihre Instrumente geführt werden und plötzlich drauf losrocken. Bis einschließlich „Warning“, als der Ruhm schon ein wenig verblasst war, besaß ich jedes Album. Wer hätte damals geahnt, dass diese Band Jahre später mit seichten Rockmusikopern zur größten Rockband auf diesem Planeten avancieren würde?
7. Alanis Morissette – You Oughta Know (4:09)
Ich weiß nicht genau, wie ich das beschreiben soll, aber die Stimme von Alanis Morissette schafft es jedes Mal wieder, mich in die Vergangenheit zu versetzen. Irgend etwas löst sie in mir aus. „Jagged Little Pill“ habe ich damals rauf und runter gehört. Schade eigentlich, dass sie danach nie wieder an das Niveau anschließen konnte. Als ich irgendwann in die letzte mir bekannte Single „Guardian“ reinhörte, wäre ich fast rückwärts vom Stuhl gefallen. Ja, so schlecht ist der Song – insbesondere der Refrain! Früher war manchmal eben doch alles besser…
8. At The Gates – Blinded By Fear (3:12)
Bei At The Gates gibts mal so richtig auf die Fresse! Was habe ich diese Musik damals geliebt. Komisch eigentlich, dass ich zwischenzeitlich komplett den Bezug zur Metalszene verloren habe und teilweise sogar seichten Alternative Charts-Pop Marke Matchbox 20 gehört habe. Beim Hören von „Blinded By Fear“ befürchte ich, dass ich mir noch so einige Klassiker von damals auf Vinyl nachkaufen muss. Könnte teuer werden…
9. Fear Factory – Replica (3:57)
Dieser Song lief jahrelang jeden Freitag Abend in meiner Stammdisco (wen es interessiert: das „Amadeus“ in Oldenburg) während der Rocknacht. Fear Factory haben damals schon einen besonderen Sound geprägt, der für mich auch heute noch einen hohen Wiedererkennungswert hat. Wie gerne würde ich diesen (und andere) Songs noch einmal in meiner damaligen Stammdisko hören. Aber da läuft heutzutage leider nur noch diese neumodische Chartsmucke Marke Robin Schulz. Fürchterlich!
10. Megavier – Genug ist genug ist genug (4:33)
Und schon wieder Crossover! Ach ja, ich erinnere mich noch genau daran, wie dieser Song damals bei „Metalla“ (von Markus Kavka moderiert) auf VIVA lief. Mit den restlichen Songs der Jungs kann ich gar nicht so viel anfangen, aber dieser hier hat mich sofort gepackt.
11. Silverchair – Tomorrow (4:26)
Ja, ich gebe es zu, ich war damals tierisch neidisch auf Daniel Johns. Mit 16 Jahren derart tolle Songs schreiben, ein Album veröffentlichen und zum internationalen Rockstar avancieren – das wollte ich auch! Leider war ich zum Gitarrespielen einfach viel zu untalentiert und habe meine Ambitionen nach einigen Jahren Unterricht frustriert ad acta gelegt. Trotzdem kann ich die Musik von damals auch heute noch abfeiern – und manchmal sogar noch auswendig mitsingen!