Es ist immer wieder faszinierend zu beobachten, dass einem die Releasedaten von Alben deutlich machen, wie alt man in der Zwischenzeit eigentlich geworden ist. Manchmal kommt es einem so vor, als sei das Album doch erst gestern veröffentlicht worden. Alleine in jüngerer Vergangenheit habe ich die 20th Anniversary Editionen von Thrice’s „Illusion Of Safety“ sowie „Elephant“ von The White Stripes meiner Plattensammlung hinzugefügt. Noch weiter in die Vergangenheit gehen die aktuellen Neuauflagen von Quicksand’s Klassiker „Slip“ und das sträflich vernachlässigte Meisterwerk „Lyburnum Wits End Liberation Fly“ von Moss Icon, die beide gerade als 30th Anniversary Editionen erschienen sind. Ebenfalls 20 Jahre alt wird in diesem Jahr das dritte Album der Weakerthans. Wo ist nur die Zeit geblieben?
Emotionale Songs mit Lyrics zum Tätowieren lassen
2003 also. Eine komplett andere Zeit. Das Studium in der Heimatstadt. Ohne wirklichen Plan, wo einen die berufliche Laufbahn als diplomierter Sozialwissenschaftler einmal hinführen wird. Einmal in der Woche ging es freitags zur Rocknacht in die lokale Diskothek. Das Amadeus. Die Weakerthans waren damals für mich eine der bedeutendsten Bands. Vielleicht neben Bright Eyes, A Perfect Circle und all den Bands aus dem Umfeld des neu gegründeten Grand Hotel van Cleef.
Auf dessen Quasi-Vorgänger B.A. Records von Kettcar-Frontmann Marcus Wiebusch sind auch die beiden ersten Weakerthans-Alben „Fallow“ und „Left And Leaving“ in Deutschland veröffentlicht worden. Thees Uhlmann ist einer der größten Fans der Band und widmete ihr sogar eine Songzeile auf dem 2006er Album „Buchstaben über der Stadt“: ‚Als die kanadische Band ihre traurigen Lieder sang‘ heißt es in „Walter & Gail“.
Die Zeile fasst die Musik der Band recht gut zusammen. Die VISIONS hat das Album damals eine „Rock-Offenbarung für sensible Grübler“ genannt. Selten habe ich eine derart passende Umschreibung für ein Album gelesen. Der emo-geschwängerte Indierock lebt dabei von den Texten von Frontmann John K. Samson, der schon immer ein Talent für Lyrics hatte, die man sich tätowieren lassen kann. Besonders beindruckend ist der Song „Plea From A Cat Named Virtute“, den er aus der Perspektive seiner Katze geschrieben hat, die mit seinem depressiven Gehabe und all den traurigen Songs, die er schreibt, nichts anfangen kann.
„I don’t know who you’re talking to
I made a search through every room
But all I found was dust that moved
In shadows of the afternoon.
And listen
About those bitter songs you sing
They’re not helping anything
They won’t make you strong.“
Jubiläumspressung des Albums auf Splatter Vinyl
Wie zu Anfang des Artikels bereits erwähnt, erscheint via Epitaph Records jetzt eine auf 1000 Exemplare limitierte 20th Anniversary Edition auf Vinyl. In Deutschland gibt es die Platte exklusiv bei Kings Road Merch online zu erwerben, noch sind einige Exemplare verfügbar. Die Vinylfarbe ist als „Brown With Red (Apple) Splatter“ allerdings leider nicht so wirklich gelungen. Zwar passt die Farbe gut zum Artwork des Covers, was ich grundsätzlich super finde. Für eine Splattervariante sind sich die beiden Farben aber viel zu ähnlich, so dass sie nicht wirklich zum Tragen kommen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, die Platte gehört einfach in jede gut sortierte Sammlung. Selbst 20 Jahre nach Veröffentlichung haben die Songs nichts von ihrer Faszination verloren und die Vinyl läuft hier derzeit auf Dauerrotation.