Bernard Fevre, anyone? Der französiche Musiker, der im kommenden Jahr 60 Jahre alt wird, zählt zu jenen Vertretern, die stets ein wenig unterhalb des Radars geflogen sind und nie die Aufmerksamkeit erlangten, die sie verdient gehabt hätten. Obwohl Bernard Fevre bereits in den 1970ern seine ersten Werke veröffentlichte, dauerte es bis in die späten 90er bevor er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Zum 40jährigen Jubiläum seines Debütalbums bringt das Berliner Label Private Records jetzt drei Werke von Bernard Fevre in einer schicken Vinyledition heraus!
Viele musikalisch interessierte Menschen werden den Namen Fevres eventuell zum ersten Mal gehört haben, als die Chemical Brothers 1999 einen Song von Fevre für ihr drittes Studioalbum „Surrender“ coverten, mit dem sie endgültig den Durchbruch schafften. Oder als das Aphex Twin-Label Rephlex Records 2004 eine Neuauflage des selbstbetitelten Albums von Black Devil Disco Club veröffentlichte, unter dessen Pseudonym Bernard Fevre zuweilen agierte. Eine Tatsache, die etwas verwundert, da Fevre von vielen Künstlern als wichtiger Einfluss für ihre Musik genannt wird. Exemplarisch schrieb das Musikmagazin Dazed im Jahr 2007 über Bernard Fevre: „The unwitting father of experimental disco paved the way for the likes of Giorgio Moroder and Aphex Twin.“
Auch der Name Jean Michel Jarre wird in diesem Zusammenhang oft genannt. Das 1978er Album „Disco Club“, also eben jenes, das Aphex Twin mit einer Wiederveröffentlichung auf seinem eigenen Label würdigte, gilt mittlerweile als einer der verlorenen Klassiker des Italo Disco-Genres. Jetzt wird das Album mit einer erneuten Neuauflage bedacht. Neben „Disco Club“ bringt Private Records zwei weitere Alben von Bernard Fevre neu auf Vinyl raus: „Suspense“ aus dem Jahre 1975 und „Cosmos 2043“, das 1977 erschienen ist.
Vergessene Discoperlen in tollem Soundgewand
Ich bin weiß Gott kein Experte für das Disco-Genre, bin mir sogar noch nicht mal sicher, ob ich auch nur eine der Platten in meiner Sammlung mit diesem Stempel versehen könnte. Beim ersten Hören von „Disco Club“ sind Ähnlichkeiten mit dem Werk von Giorgio Moroder aber selbst für mein ungeschultes Discoohr unüberhorbar. Und siehe da, nebst oben bereits erwähntem Zitat bin ich bei meiner Recherche auf zahlreiche Artikel und auch Interviews gestoßen, die diese Tatsache belegen. Fevre selbst sagt in einem Interview mit The Vinyl Factory: „Ich denke, dass in der heutigen elektronischen Musik viel von der Musik von Black Devil Disco Club und Moroder zu hören ist und dass unsere Musik aus den Siebzigern heute noch relevant ist.“ Als offensichtliches Beispiel ist hier das letztjährige Album von Daft Punk zu nennen, auf dem mit „Giorgio by Moroder“ sogar ein Song enthalten ist, welcher der Discolegende gewidmet ist. Warum ausgerechnet der Name Giorgio Moroder weltweit Berühmtheit erlangte und eben nicht jener von Bernard Fevre, muss irgend welchen Zufälligkeiten zuzuschreiben sein. Denn qualitativ braucht sich der Franzose nicht hinter dem italienischen Elektropionier zu verstecken. Die Ähnlichkeiten hat selbst Georgio Moroder in einem Post auf seiner offiziellen Facebook-Seite einst erkannt.
Legt man nach dem Hören von „Disco Club“ die Vinyl des Debütalbums „Suspense“ auf den Plattenteller kommen bereits die ersten Klänge einem Stilbruch gleich. Mit tanzbarer Discomusik hat das wenig zu tun, sondern erinnert in Teilen eher an den Soundtrack zu einem düsteren Thriller oder Horrorfilm. Seinem Namen wird „Suspense“ also durchaus gerecht. Zu gerne würde ich den dazugehörigen Film einmal sehen. Faszinierenderweise schreibt Fevre, dass er seine Musik gerne in einem Film mit Gary Cooper sehen würde – statt der üblichen Western-Musik. Vielleicht sollte er mal bei Quentin Tarantino anrufen, der mit „The Hateful Eight“ gerade an einem Western arbeitet.
Das dritte wiederveröffentlichte Album „Cosmos 2043“ produzierte Fevre direkt im Anschluss an sein Debüt, wenngleich es erst 1977 veröffentlicht wurde. Das Komponieren und Produzieren fürs Debüt nahm zwei Monate in Anspruch, während „Cosmos 2043“ vier Monate in Anspruch nahm, da Fevre alle Tätigkeiten selber übernahm. Auf „Cosmos 2043“ ist mit „Earth Message“ eben jener Song enthalten, den die Chemical Brothers später für ihren Track „Got Glint“ als Sample verwendet haben. Auf dem Album begibt sich Fevre in eine fantastische Science Fiction-Welt der Zukunft, die von Moog-Synthesizern und analogen Drums zum Leben erweckt wird. Beim Hören kam mir ehrlich gesagt zu keinem Zeitpunkt der Gedanke, dass das Album bereits 40 Jahre alt sein könnte.
„Suspense“ und „Cosmos 2043“ kommen in einer handnummerierten Version daher (jeweils auf 250 Exemplare limitiert). Von der „Disco Club“-Vinyl sind insgesamt 1000 Exemplare auf schwarzem, grünem und rotem Vinyl gepresst worden. Allen Exemplaren sind umfangreiche Linernotes von Bernard Fevre beigefügt. Wenn ihr euch über die goldene Vinyl auf dem Titelbild wundern solltet: Die Farbe gibts als Bestandteil des Collector´s Package aus allen drei Alben, das ihr für 69€ exklusiv direkt per E-Mail an info@priv4te.com beim Label bestellen könnt.
Alle drei Alben sind auf Grundlage der Originaltapes von Fevre höchstselbst remastered worden. Und das hört man definitiv, der Klang ist ein absoluter Genuss – erst recht wenn man sich vorher lediglich über einige YouTube- und Soundcloud-Links mit der Musik Fevres vertraut gemacht hat. Die Begründung liefert Bernard Fevre persönlich:
„I wanted to remaster my old tracks myself because I didn’t want to have a modern filter that would take away the charm of my old work, and new details would even appear in my work. In the end, the 1970s need to be heard: it’s important for the magic of listening. Listeners will have the exact sound of the studio that I was using at the time, hardly utilized by me for the original Revox tapes.“
Vertrieb über hhv.de und clone.nl
Private Records verfügt über keinen eigenen Onlineshop. Statt dessen werden die Veröffentlichungen des Labels über zwei Partner vertrieben: Zum einen über den niederländischen Anbieter clone.nl, der sich auf elektronische Tanzmusik spezialisiert hat. Hier sind alle drei Veröffentlichungen direkt in die aktuellen Verkaufs-Top 10 eingestiegen. Auch beim Berliner Vinylspezialisten hhv.de könnt ihr die drei Releases käuflich erwerben. Hier liegt „Black Devil Disco Club“ momentan sogar auf Platz 3 der „Top 100 Vinyl, CD & Tape„. Auch „Cosmos 2043“ und „Suspense“ finden sich immerhin in den Top25 wieder. Wenn ihr euch noch ein Exemplar sichern möchtet, solltet ihr euch also lieber sputen. Denn die Erfahrung zeigt, dass die Releases von Private Records recht schnell vergriffen sind.
Private Records – spezialisiert auf die 70er und 80er
Das Berliner Label hat sich auf Re-Releases von Alben aus den 1970er und 1980er Jahren spezialisiert. Im Vordergrund stehen dabei bislang unentdeckte Veröffentlichungen aus den Bereichen Electronic/Cosmic/Disco sowie von Soundtracks. Zuletzt wurde u.a. der Soundtrack zum italienischen Science Fiction-Film „Exterminators of the Year 3000“ aus dem Jahre 1983 veröffentlicht. Der vielleicht bekannteste Release ist der Soundtrack zur Kultserie „Captain Future“, der wie so viele der Releases, innerhalb kürzester Zeit ausverkauft war.
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