In einer Pressemitteilung hat die British Recorded Music Industry (BPI) in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass die Grenze von einer halben Millionen verkauften Vinyl erreicht worden ist. Und das zum ersten Mal seit 2003! Grundlage ist eine Analyse von Daten der „Official Charts Company“.
Wie zuvor bereits an der ein oder anderen Stelle beschrieben, sind für diese Entwicklung insbesondere die neuen Alben von den Arctic Monkeys, David Bowie und Daft Punk verantwortlich, die die Charts der Vinylverkäufe anführen. Auch wenn es sich jetzt schon um das erfolgreichste Jahr für die Schallplatte seit einem Jahrzehnt handelt, wird ein weiterer Anstieg der Verkaufszahlen prognostiziert. Denn immerhin steht noch ein knappes Vierteljahr plus das Weihnachtsgeschäft vor der Tür. Durch die neuen Alben von etablierten Acts wie Arcade Fire und Pearl Jam, aber auch einem relativen Neuling wie Jake Bugg, wird erwartet, dass in diesem Jahr die Grenze von 700.000 verkauften Vinyl locker überschritten wird.
Das ist natürlich immer noch ein kleiner Teil des riesigen Musikindustriekuchens, der zunehmend von einem klebrigen Streaming-Zuckerguss überzogen wird. 0,8% aller Alben in Großbritannien werden auf Vinyl verkauft. Ein nahezu verschwindend geringer Anteil also, auch wenn dieser 2007 noch bei 0,1% lag. Dennoch wird der Vorsitzende der BPI, Geoff Taylor, in der Pressemitteilung mit folgenden Worten zitiert: „The LP is back in the groove. We’re witnessing a renaissance for records – they’re no longer retromania and are becoming the format of choice for more and more music fans. (…) Vinyl sales are growing fast as a new generation discovers the magic of 12 inch artwork, liner notes and the unique sound of analogue records, often accompanied by a download code for mp3s.“
Was steckt eigentlich genau hinter dem Vinyl Boom?
Noch viel interessanter als die Verkaufszahlen sind die Ergebnisse einer Umfrage der BPI, die im September die Meinung von 1700 Vinylkäufern einholte, und erste Hinweise dafür liefert, warum die Vinyl Schallplatte derzeit ein solches Comeback feiert. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
- 7 von 10 Befragten (69,9%) kaufen mindestens einmal im Monat ein Album auf Vinyl;
- 1 von 5 Befragten (19,6%) kaufen sogar mindestens einmal die Woche ein Album auf Vinyl;
- knapp 9 von 10 Befragten (85,6%) halten die Schallplatte für ihr bevorzugtes Musikformat und
- fast die Hälfte aller Befragten (47,5%) investiert mehr als die Hälfte seiner Musikausgaben in Vinyl Schallplatten.
Faszinierenderweise haben sich 3,7 Prozent der Befragten sogar eine Schallplatte gekauft, obwohl sie über gar keinen Plattenspieler verfügen. Die Anziehungskraft von Vinyl scheint momentan unwiderstehlich zu sein! Laut Umfrage hat der durchschnittliche Vinylkäufer übrigens 300 Schallplatten und 80 Singles in seiner Sammlung.
Deutlich wird auch die zentrale Bedeutung des Record Store Days als Katalysator des Vinyl Revivals. Neun von zehn Vinylkäufern haben vom Record Store Day gehört und mehr als die Hälfte (56,5%) haben an jenem Tag einen Plattenladen aufgesucht. Am 20. April alleine konnten knapp zwei Millionen Britische Pfund durch Vinylverkäufe generiert werden. Allerdings werden darüber hinaus auch Amazon, eBay und die Webseiten von Labels und Distributoren als Quellen für den eigenen Plattenkauf genannt.
Die Aussage, dass immer mehr junge Menschen der Faszination Vinyl erliegen, wird durch die Ergebnisse der Studie übrigens bestätigt. Etwas mehr als ein Drittel der Vinylkäufer ist unter 35. Die größte Gruppe machen die 35- bis 44-jährigen aus. Dass die Männer unter den Plattensammlern deutlich in der Mehrheit sind, lässt sich nicht nur unter den Fans der Facebook-Seite vom Vinyl Fantasy Mag beobachten – das Verhältnis von Männern zu Frauen liegt hier bei 79 zu 21 Prozent. Unter den Befragten der Studie liegt der Männeranteil sogar bei 87,4 Prozent.
Zum Schluss seien noch die Gründe angemerkt, warum die Befragten die Schallplatte eigentlich gegenüber der CD bevorzugen. Davon gibt es drei:
- der Genuss des Plattenauflegens als Gesamterlebnis,
- die Qualität des Sounds und
- das Design des Albumcovers.
Back to Black Friday im November mit exlusiven Releases
Den Ergebnissen der Umfrage kann ich an dieser Stelle nur wenig hinzufügen. Als kurzes Fazit lässt sich fest halten, dass die Vinyl auch in Zukunft keine unüberschaubaren Millionenumsätze generieren oder den Musikmarkt dominieren wird. Die Statistiken belegen aber, dass die Treue der Vinylkäufer zu dem Medium sehr groß ist und die Schallplatte als physischer Datenträger nicht – wie vielleicht vor einigen Jahren befürchtet – komplett vom Markt verschwinden wird.
Und wo ich vorhin schon die bedeutende Rolle des Record Store Days erwähnt habe: Am 29. November findet der Back to Black Friday statt. Heute wurde die Liste von besonderen Veröffentlichungen auf der Webseite vom Record Store Day online gestellt. Darin finden sich so illustre Acts wie Foals, Rolling Stones, Life Of Agony oder Jethro Tull. Es ist also davon auszugehen, dass auch an diesem Tag der ein oder andere Vinylkäufer den Weg in den Plattenladen seiner Wahl finden wird.
Artikelquelle: The British Recorded Music Industry