Zum Einstieg dieses Artikels möchte ich ehrlich sein: bis vor wenigen Wochen war mir Okay Kaya überhaupt kein Begriff. Über ihren Namen bin ich erstmals im Rahmen der Promoaktivitäten des Pitchfork Festivals hier in Berlin gestolpert, auf dem sie Anfang November u.a. mit den großartigen Squid im Festsaal Kreuzberg aufgetreten ist. Neugierig geworden habe ich mich mit ihrem neuen Album auseinandergesetzt. Und was soll ich sagen… ich habe die Entscheidung nicht bereut.
Dabei muss ich direkt erwähnen, dass „SAP“ kein einfach zu konsumierendes Album in dem Sinne ist, das es mit Hits und Melodien aufwartet, die sich in den Gehörgängen fest setzen. Es erschließt sich nicht nach dem ersten Durchgang, sondern ist ein Konzeptalbum, das die volle Aufmerksamkeit der Hörer*innen erfordert. „SAP“ funktioniert als Gesamtkonstrukt von Track 1 bis 15.
Zahlreiche Gäste auf dem Album
Die US-norwegische Künstlerin, die auch für verschiedene Ausstellungen und Installationen verantwortlich ist, beschäftigt sich auf ihrem vierten Album mit dem Bewusstsein. Zwar hat Kaya Wilkins das Album im Alleingang geschrieben, aufgenommen und produziert. Zur Unterstützung hat sie sich aber eine Menge Freunde ins New Yorker Studio eingeladen. In 11 von 15 Songs sind Gäste wie L’Rain, Deem Spencer oder Adam Green zu hören. Das Album ist eine Melange aus sphärischen Beats, Synthesizern, sanften Gitarren und Kayas R&B-Geflüster. In einigen Parts erinnert es mich an die zerbrechlichen Momente eines Bon Iver. Aber wie bereits erwähnt: hier sticht kein Track wirklich hervor. „SAP“ ist ein Album, das erobert werden will und Hörer*innen dafür belohnt, denn mit jedem Durchlauf gibt es neue Dinge in der vielschichtigen Musik von Okay Kaya zu entdecken.
Auch von den Lyrics her ist es durchaus spannend, sich mit den einzelnen Songs auseinander zu setzen. „Mein Schreibprozess beginnt oft mit Bildern anstatt Worten. Was, wenn wir der Saft eines Baumes sind? Wie weit müssen wir uns von unserem Stammbaum entfernen, um von unseren Eltern loszukommen und zu realisieren, dass wir die Träne dieser Person oder das Blut einer anderen Person sind? Ich habe eine Vision vor meinem geistigen Auge und setze dort an„, so die Worte der Künstlerin. Der Albumtitel „SAP“ hat dabei natürlich nichts mit der süddeutschen Softwareschmiede zu tun, sondern heißt übersetzt so viel wie Pflanzensaft oder Baumharz. Kaya hat ihre Musik selber einmal als „Sade für Nihilisten“ beschrieben. Dem bleibt irgendwie nichts hinzuzufügen.
Vinyl der Woche: sonnengebräuntes Vinyl gefällig?
Von der Vinyl der Woche gibt es zwei Farben im Angebot: einmal das klassische schwarze Vinyl und die limitierte Variante Opaque Tan Vinyl, was letztlich der Farbe Orange entspricht. Die Nerds unter euch können das Album auch als Kassette erwerben. Sämtliche Editionen sollten im Plattenladen eures Vertrauens in den Regalen stehen bzw. dort bestellbar sein. Das Vorgängeralbum „Watch This Liquid Pour Itself“ ist übrigens ebenfalls nach wie vor auf schwarzem oder transparentem Vinyl verfügbar.
vinyl der woche