In vielen Plattenläden auf dieser Welt stehen Vinyl Bootlegs in den Regalen. Auch online werden bei eBay und Co. eine Menge illegale Vinyl Bootlegs angeboten. Was aber genau ist eigentlich ein Bootleg? Und woran erkenne ich als Käufer*in ein solches Exemplar?
Vinyl Bootlegs – Definition und Identifikation
Was ist ein Bootleg?
Ein Bootleg ist – kurz gefasst – eine Tonaufnahme, die vom Rechteinhaber nicht lizenziert worden ist. Im Ursprung bezeichnete der Begriff bei einem Konzert mitgeschnittene Liveaufnahmen, die ohne Einwilligung von Interpret und/oder Label veröffentlicht worden sind. Heute wird der Begriff oft für Nachpressungen von Alben auf Vinyl verwendet, die nicht autorisiert worden sind. Streng genommen ist die Verwendung des Begriffs „Bootleg“ an dieser Stelle nicht richtig. Es handelt sich um Counterfeits, also schlicht Fälschungen. Dieser Begriff wird trotz seiner Korrektheit eher selten verwendet.
Welche Platten sind als Bootleg verfügbar?
Letztlich kann jedes Album auf Schallplatte als gefälschte Pressung veröffentlicht werden. Als Bootleg werden zu großen Teilen die bekannten Klassiker der Musikgeschichte illegal auf Vinyl gepresst, da die Nachfrage nach Alben wie „Dark Side Of The Moon“ von Pink Floyd oder Sgt Pepper’s von The Beatles immens ist. Aus der Erfahrung der Arbeit im Plattenladen ist mir bekannt, dass viele Käufer*innen nicht wissen, was ein Bootleg ist bzw. dass solche gefälschten Schallplatten überhaupt existieren. Dementsprechend groß ist das Umsatzpotential für solche illegalen Pressungen.
Häufig werden auch Alben nachgepresst, die lange Zeit nicht mehr auf Vinyl gepresst wurden und dementsprechend bei Discogs für dreistellige Beträge angeboten werden. Hier wird dann gerne zum günstigen Bootleg gegriffen, um die Platte wenigstens in die eigene Sammlung stellen zu können.
Jüngst sind auch Bootlegs von aktuellen Alben in Umlauf gekommen, die (vorerst) nicht auf Vinyl erschienen sind. Beispiele sind die Alben von Frank Ocean oder das aktuelle Album „Fear Inoculum“ von Tool. Hier gibt es mehr als ein Dutzend verschiedene inoffizielle Pressungen auf farbigem Vinyl. Erst mehr als zwei Jahre nach Release ist das Album schließlich in einer offiziellen Pressung als 5LP Vinyl Boxset erschienen.
Ist der Verkauf von Vinyl Bootlegs erlaubt?
Kurz und knapp: Nein. Es handelt sich hier schlicht um eine Urheberrechtsverletzung. Nichtsdestotrotz kenne ich kaum einen Plattenladen, in dessen Regalen keine Bootlegs zu finden sind. Und das nicht bloß in der Second Hand-Abteilung. Nur in den Onlineshops sind diese nicht zu finden, um Abmahnungen zu vermeiden. Bands wie Pink Floyd verfolgen rigoros jeden Anbieter von Vinyl Bootlegs der eigenen Releases (auch bei eBay und Co,), was schnell teuer werden kann. Bei Discogs werden Bootlegs mittlerweile rigoros vom Marktplatz ausgeschlossen. Sammler*innen können die Ausgabe zwar nach wie vor der eigenen Plattensammlung hinzufügen, aber nicht zum Verkauf anbieten.
Woran erkenne ich ein Vinyl Bootleg?
Leider gibt es keine allgemein gültige Antwort auf diese Frage. Nur so viel: Bei einem Onlinekauf ist die Frage nahezu unmöglich zu beantworten. Ein Kriterium mag hier vielleicht der Preis sein. Wenn „Dark Side Of The Moon“ als neuwertige Pressung für knapp 15 Euro angeboten wird, sollte man skeptisch werden. Ansonsten wird ein Bootleg bei einem Kauf bei einem Onlinenanbieter kaum zu identifizieren sein.
Im Plattenladen ist das etwas anders. Neben dem Preis, der in der Regel deutlich günstiger ist als bei regulären Nachpressungen (durch die Preisentwicklung von Vinyl Schallplatten in der jüngeren Vergangenheit wird dies noch deutlicher), gibt es ein paar weitere Indizien:
- das Albumcover: der Druck des Covers ist oft minderwertig. Die Farben sind verschwommen oder Formen verpixelt, weil das Cover als kleines Dateiformat vorhanden oder sogar eingescannt worden ist.
- Matrixnummern: jede Platte verfügt über eine Matrixnummer, die in die Auslaufrille der Vinyl geritzt worden ist. Eigentlich für den internen Gebrauch des Presswerks gedacht, bietet sie Plattensammler*innen manchmal wertvolle Hinweise, um welche Ausgabe und Pressung es sich handelt. Bei Bootlegs fehlt diese Matrixnummer häufig, was ein recht deutliches Zeichen für eine gefälschte Pressung ist – wie z.B. bei dieser Modern Lovers LP, die einst auf dem Flohmarkt in meinem Jutebeutel gelandet ist.
- der Klang: auch wenn es in jüngerer Vergangenheit ein paar Ausnahmen gab, zeichnen sich Bootlegs in der Regel durch eine schlechte Soundqualität aus, da für die Pressung nicht das originale Vinyl Master zur Verfügung stand. Häufig wird die CD-Version oder gar MP3-Dateien als Grundlage verwendet. Das kann natürlich nicht gut klingen. Daher der Tipp: wenn möglich direkt im Plattenladen in die Vinyl reinhören!
Bootlegs werden zunehmend professioneller – Vorsicht beim Kauf!
Trotz der genannten Punkte ist es nicht immer so einfach, ein Bootleg zu erkennen. Auch und vor allem aufgrund der zunehmenden Professionalisierung der Hersteller. Mittlerweile gibt es viele Bootlegs, die hervorragend klingen und aussehen und von einem „Original“ nur durch Kleinigkeiten zu unterscheiden sind. Selbst mit dem Hintergrund der Erfahrung von 6+ Jahren Arbeit im Plattenladen habe ich zum Beispiel erst im vergangenen Jahr eine Bootlegversion des selbstbetitelten Pearl Jam-Albums erworben, was mir aber erst nach der Heimreise nach Berlin aufgefallen ist. Immerhin klingt dieses großartig.
Letztlich sei euch folgender Tipp ans Herz gelegt: habt ihr ein schlechtes Gefühl, nehmt lieber Abstand von einem Kauf. Solltet ihr euch nach dem Erwerb und dem ersten Hören der Schallplatte daheim unsicher sein, ob ihr eine reguläre Edition in Händen haltet, bieten Onlineplattformen wie Discogs oder Popsike wertvolle Hinweise über die richtige Pressung. Sollte es sich tatsächlich um ein Bootleg handeln, lässt der Verkäufer im Plattenladen ja vielleicht wegen eines Umtauschs mit sich reden.