Vor knapp zweieinhalb Wochen habe ich an dieser Stelle über einen neuen Dienst namens Feedbands geschrieben. Das Ganze ist eine Art Abo-Dienst für Schallplatten: Für 19,95 Dollar im Monat erhält der Kunde eine colorierte Vinyl, die von Feedbands vorher ausgewählt worden ist. Mittlerweile gibt es eine zweite Variante für 14,95 Dollar im Monat, welche die Alben auf schwarzem Vinyl beinhaltet. Logisch, dass ich mich aus Neugierde für den ersten Freimonat registriert habe. Am Mittwoch ist sie endlich angekommen, die erste Feedbands-Vinyl. Zeit also für eine Einschätzung: Taugt Feedbands tatsächlich etwas?
Ja, is‘ denn heut‘ scho‘ Weihnachten?
Eines macht Feedbands schon mal ziemlich geschickt: Es spielt mit dem vorfreudigen Kind, das in jedem Plattensammler steckt. Die gesamte Fahrt vom Postamt in meine Wohnung hielt ich das Päckchen in den Händen und hätte es am liebsten direkt in der U-Bahn aufgerissen. Immerhin wusste ich weder, wie die Band heißt, wie das Cover aussieht, noch welche Farbe das Vinyl hat. Eine nahezu unerträgliche Spannung. Kaum war die Wohnungstür hinter mir ins Schloss gefallen, entfernte ich behutsam das Packband und hielt endlich die Vinyl in den Händen. Coo Coo Birds – Don´t Bring Your Boyfriends. Aha.
Das Cover sieht ungefähr so aus als sei es frisch aus den 70ern geflohen. Ob Absicht oder mangelnde Kenntnisse mit Photoshop-Filtern – ich weiß es nicht! Die Vinyl glänzt in einem schicken transparenten Violett, was allerdings nur unter dem richtigen Lichteinfall wirklich zu sehen ist (siehe Foto ganz unten). Dazu gibt es zwei Feedbands-Aufkleber, ein Plektrum, einen Zettel mit Liner Notes samt Informationen über Album und Band sowie die obligatorische Downloadkarte.
Über diese habe ich mich zunächst ein wenig gewundert. Sie sah irgendwie merkwürdig aus, fast so, als sei sie auf dem langen Weg aus Kalifornien verschimmelt. Die einfache Erklärung: Es handelt sich um eine so genannte „biodegradable card“, in die Blumensamen eingearbeitet worden sind. Man kann die Karte also tatsächlich in ein bißchen Erde einpflanzen und ihr beim Wachsen zuschauen. Verrückt, was es alles so gibt!
Höre den analogen Unterschied!
Aber kommen wir zu dem was am Wichtigsten ist, zur Musik. Als erstes fällt auf, dass die Vinyl ziemlich schwer in der Hand liegt. Ohne mir vorher die Linernotes durchzulesen, lasse ich die Nadel aufs Vinyl gleiten. Erster Eindruck: Straighter Garagenrock. Erste Band-Assoziation: The Stooges. Und ein wenig später The White Stripes (im zweiten Track „Rock and Roll Animal“). Ganz so falsch schien ich damit nicht zu liegen, denn die Linernotes erzählen mir, dass Steve Mackay auf einem der Songs zu hören ist. Wer nicht weiß, wer das ist: Steve Mackay ist ein Saxophonist, der durch seine Arbeit auf dem zweiten Stooges-Album „Fun House“ von 1970 bekannt geworden ist.
Warum in den Linernotes noch mit unzähligen weiteren Namen wie Chuck Berry, Link Wray, T-Rex oder sogar den Beastie Boys um sich geschmissen wird, verstehe ich nicht so ganz. Vielleicht mag sich der Einfluss all dieser Künstler in der Musik der Band wiederspiegeln, doch letztlich ist das Garagenrock. Hier wird das Rad nicht neu erfunden und trotzdem – oder vielleicht auch deswegen – gefällt mir das Album bislang ziemlich gut. Hier ein kurzer Höreindruck vom erwähnten Titeltrack:
Neben der stilistischen Ausrichtung der Band, ist natürlich eine zweite Frage von besonderer Bedeutung: Wie ist der Sound der Vinyl? An dieser Stelle bin ich noch ein wenig gespalten. Das Album ist auf analogem 2“ Tape aufgenommen worden. In den Linernotes steht deshalb geschrieben: „You´ll instantly be able to hear the difference the second this record starts spinning.“ Das stimmt. Analog klingt das Ganze definitiv. Aber irgend etwas fehlt. Selbst wenn ich die Anlage voll aufdrehe, klingen die Songs ein wenig schwach auf der Brust. Sie wirken gefangen, so als ob sie die Vinyl nicht wirklich frei geben möchte. Ganz anders, wenn ich die herunter geladenen Mp3s anschmeiße. Das hat ordentlich Power und klingt so wie Garagenrock klingen muss. Und durch die Aufnahme auf 2“ Tape hat der digitale Sound sogar etwas Analoges – genau so wie eigentlich die Vinyl klingen sollte.
Nicht falsch verstehen, die Vinyl klingt besser als ich erwartet habe. Die Bewertungen der vorherigen Alben in US-Foren waren teilweise recht katastrophal. Der Sound ist gut, aber eben auch nicht mehr. Verbesserungspotential ist definitiv vorhanden. Positiv überrascht bin ich von der Schallplatte an sich: Diese sieht nicht nur gut aus, sondern ist hochwertig produziert und bringt mit 200g sogar mehr als die angeführten 180g auf die Waage.
Fazit: Lohnt sich Feedbands oder nicht?
Eines vorab: Ich mag Feedbands und habe viele Sympathien für den Dienst übrig. Die Frage, die ich mir die ganze Zeit stelle, ist folgende: Hätte ich mir das Album der Coo Coo Birds auch gekauft, wenn es auf regulärem Wege in den Handel gekommen wäre? Mag sein. Ich finde das Album mittlerweile richtig richtig gut. Und dennoch ist meine Wunschliste an Vinyl sooo unendlich lang, dass die Europäische Zentralbank vermutlich gar nicht so viel Geld drucken könnte, wie ich ausgeben möchte! Ich benötige einen Dienst wie Feedbands also nicht, um neue Bands kennen zu lernen, schon jetzt habe ich da längst den Überblick verloren. Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich in Erwägung ziehe, mein Feedbands-Abo nicht zu kündigen: Das bereits erwähnte Weihnachtsgefühl! Sich beim Auspacken des Pakets wie ein kleiner Junge fühlen ohne zu wissen, was mich wirklich erwartet. Ob mir dieses Gefühl allerdings knapp 20 Dollar im Monat wert ist, muss ich mir noch überlegen.
Mit meiner Entscheidung pro/contra Feedbands werde ich also noch ein wenig warten. Mal schauen, was sich nächsten Monat in dem hübschen Paket aus Kalifornien befindet. Allerdings befürchte ich, dass sich die musikalische Ausrichtung recht einseitig auf psychedelische Rockmusik konzentriert. Und 12 Garagenrock-Alben pro Jahr brauche ich dann doch nicht unbedingt. Also überzeuge mich, wertes Feedbands! Sonst trage ich mein Geld in Zukunft wieder in den Plattenladen, denn auch dort warten zig unbekannte Bands darauf, von mir entdeckt zu werden.
Hat von euch schon jemand Feedbands getestet? Falls ja, wie ist eure Meinung dazu? Ich freue mich über Kommentare! Ach so, und hier noch mal kurz der Beweis, dass die Platte tatsächlich violett ist: