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Vinyl des Monats Februar: We Stood Like Kings – Berlin 1927

Vinyl des Monats Februar: We Stood Like Kings - Berlin 1927
Eine Stummfilm-Vertonung als Vinyl des Monats. Was denn da in mich gefahren ist, fragt ihr euch? Dann habt ihr offensichtlich noch nicht in das Debütalbum von „We Stood Like Kings“ reingehört, denn sonst wüsstet ihr die Antwort auf die Frage. Die Belgier liefern ein grandioses Stück Musik in fünf Akten, das zudem in einer äußerst schicken Vinyl-Aufmachung daher kommt.

„We Stood Like Kings“ klingen schon vom Namen her unzweifelhaft nach Postrock, wie Jochen Rindfrey in seiner Rezension für Babyblaue Seiten richtig anmerkt. Das belgische Trio, das für die Aufnahmen um einen Bassisten erweitert worden ist, hat dem Film „Berlin – Symphonie einer Großstadt“ von Walter Ruttmann aus dem Jahre 1927 ein musikalisches Gewand verliehen. Den Hörer erwartet kein klassisches Album, das aus einer simplen Aneinanderreihung von Songs besteht. Der Aufbau erfolgt in 5 Akten. Bereits zum Einstieg wartet der erste Akt von 14 Minuten Länge. Im Schnitt erfordern die einzelnen Akte für zwölf Minuten die Aufmerksamkeit des Hörers. Man hört es dem Album an, wie viel Arbeit, Energie und Gründlichkeit in die Aufnahmen eingeflossen sein muss. Jede Note scheint den Weg an exakt den Platz gefunden zu haben, der für sie vorgesehen war. Es hat seinen Grund, dass eine Band, die sich bereits 2011 gegründet hat, erst jetzt mit ihrem Debütalbum um die Ecke kommt. Doch was lange währt und so…
Langeweile lassen die Musiker in den fünf Akten zu keinem Zeitpunkt aufkeimen. Immer wieder wechseln sich dramatische, von Gitarrenwänden untermalte Elemente mit ruhigeren Phasen ab und bilden so ein perfektes Abbild des Lebens in der schon in den 1920er Jahren so pulsierenden deutschen Hauptstadt. Getragen wird die Musik vom wundervollen Klavierspiel von Judith Hoorens, welches das Album auf diese Weise vom ansonsten recht klassischen Postrock der Marke Explosions In The Sky oder Mogwai absetzt. Bevor ich hier aber weiter mit hochtrabenden Referenzen um mich schmeiße, hört doch einfach selber rein:

Das Album erscheint auf dem kleinen Bielefelder Label Kapitän Platte, in dessen Katalog sich einige tolle Veröffentlichungen, u.a. von The Hirsch Effekt, EF oder Immanu El, aber auch Gisbert zu Knyphausen und Adolar finden. Die Doppelvinyl kommt in einem besonders schicken Fold-Out Siebdruckcover mit per Hand eingesteckten Bildern. Wer Interesse an dem guten Stück hat, sollte sich beeilen, denn es sind lediglich 340 Exemplare auf Vinyl gepresst worden!

Meilenstein des Dokumentarfilms – auf Tour mit dabei!

So viel vorab: Ich habe den Film von Walter Ruttmann bislang nicht gesehen, lediglich einige Ausschnitte sind mir bekannt. Das werde ich aber schnellstmöglich nachholen. Denn We Stood Like Kings sind ab kommenden Dienstag für zehn Tage live in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Die Tour wird vom Online-Musikmagazin Pretty in Noise präsentiert, alle Tourdaten gibts hier. Dabei werden Sie die Vertonung live 1:1 zum Film präsentieren.

Der Film bildet einen Tag im Berlin der 1920er Jahre dokumentarisch ab. Es beginnt mit einer Zugfahrt in die Stadt, der die Kamera beim Aufwachen zuschaut und die Menschen in ihrem Alltag begleitet. Alleinstellungsmerkmal des Films sind die – insbesondere für jene Zeit – besonders schnellen Schnitte, die die Hektik der Großstadt untermalen sollen. Ruttmann betrachtete seinen Film als Sinfonie, was er durch die Schnittabfolge unterstreicht. Als einer der ersten Regisseure nutzte er die grad entwickelte Technik, die es erlaubte, Filme exakt und in vielen kleinen Schnitten zu schneiden und wieder zu kleben. Aus diesem Grund gilt „Berlin – Symphonie einer Großstadt“ als filmhistorisch bedeutendes Werk. 2007 ist der Film im übrigen restauriert worden. We Stood Like Kings liefern jetzt den passenden Soundtrack. Auf die Kombination von beidem in der Live-Umsetzung bin ich als „musikalischer Cineast“ jedenfalls sehr gespannt!

Tracklist:

1. Akt 1 (14:57)
2. Akt 2 (8:40)
3. Akt 3 (12:33)
4. Akt 4 (16:14)
5. Akt 5 (9:47)

Gesamtlaufzeit: 62:11 Minuten

Label: Kapitän Platte

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